Wenn die Gedanken vor dir aufstehen...

 

Eigentlich schläfst du noch halb und dein Kopf fängt schon an, Stories zu erzählen. Keine schönen, bunten „Hurra, neuer Tag“-Geschichten, sondern Worst-Stories.
Es fallen so Sätze wie:
„Das schaffst du nicht.“
„Die anderen werden sicher enttäuscht sein…“
„Was, wenn…“
„Du bist schon wieder nicht in time..“
„Hoffentlich passiert nicht dies oder das ..“

Diese Gedanken sind so kraftvoll und fühlen sich oft wie Fakten an. Fakten, die dir die Energie nehmen, noch ehe dein Tag richtig begonnen hat. Es sind aber keine Fakten, sondern es ist ein Schutzmechanismus deines Nervensystems. Ein innerer Anteil, der dich absurderweise beschützen will.

Wenn wir müde, gestresst oder im Ungleichgewicht sind, springt der „innere Wächter“ schneller an. Er versucht, Kontrolle zu behalten, indem er alles durchspielt, was schiefgehen könnte. Das ist biologisch sinnvoll emotional aber wahnsinnig belastend.

Diese Gedanken, dieser Schutzmechanismus, lassen sich nicht siegreich bekämpfen oder wegdrücken. Sie wollen gehört werden. Gib ihnen kurz Raum und bleibe innerlich auf Distanz:
„Ja, ich höre diese inneren Botschaften, doch ich bin nicht dieser Gedanke. Danke für den Hinweis, ich werde ihn bedenken.“

Erlaube, dass dieser innere Wächter dich warnt, nur glaube ihm nicht alles, was er sagt.

Der Effekt ist spürbar. Der präfrontale Kortex wird wieder aktiv, die Amygdala fährt runter, dein Körper verliert das Gefühl, „bedroht“ zu sein. Es entsteht Abstand. Nicht Widerstand.

Dann stell dir eine einfache Frage:
„Was davon ist jetzt wirklich relevant?“

Viele dieser Morgengedanken lösen sich an dieser Stelle schon auf.
Du verdrängst sie so nicht, doch du lässt dich auch von ihnen nicht mehr gefangen nehmen oder runter ziehen.

Dieser kleine Unterschied bringt Klarheit in Minuten ohne toxische Positivität.

Warum du abends völlig erschöpft bist

Viele, am Tage sehr leistungsstarke Menschen, erleben abends einen Shutdown: erschöpft, Reiz überflutet, leer.

Erfahre, was neurobiologisch dahintersteckt und was wirklich hilft.

Warum plötzlich gar nichts mehr geht

Es ist Abend, der Tag liegt wie ein schwerer Mantel auf dir, und obwohl du dir wünschst, einfach nur runter zu fahren, fällt dir genau das am schwersten. Deine Energie ist erschöpft, aber die innere Anspannung bleibt bestehen wie ein Hintergrundgeräusch, das einfach nicht verstummt. Statt dich mit etwas zu nähren, das dir eigentlich guttun würde; einem Gespräch, einer Portion Nähe, ein bisschen Kreativität oder Bewegung, greifst du zu dem, was am leichtesten verfügbar ist und am wenigsten Kraft kostet.

Du scrollst, schaust Serien, isst nebenbei irgendetwas oder gleitest in eine Art Betäubung, die dich für einen kurzen Moment nicht spüren lässt, wie müde, wie leer du wirklich bist.

Es sind Schutzreaktionen deines Nervensystems, das den ganzen Tag über Feuer gelaufen ist und jetzt nur noch eines will: runter fahren, egal wie.

Stress & Erschöpfung: Was neurobiologisch passiert

Wenn du viele Stunden unter innerer Anspannung funktionierst, bleibt dein Cortisolspiegel länger erhöht als gesund wäre. Cortisol macht dich wach, aufmerksam, handlungsfähig doch nur kurzfristig. Über den Tag hinweg verschiebt dein Körper still und leise seine Prioritäten: Alles, was langfristig wichtig wäre, wird reduziert. Freude, Motivation, Kreativität und emotionale Verbundenheit treten in den Hintergrund, weil sie nicht überlebenswichtig sind.

Deine Dopamin-, Serotonin- und Oxytocin-Systeme werden gedrosselt, obwohl es genau diese Botenstoffe wären, die dir jetzt guttun würden.

Dein System will Energie zu sparen, um dich durch den Tag zu bringen. Dein Nervensystem reagiert wie vor tausenden von Jahren. Hoher Stresspegel = Überlebensmodus. Das darf kein Normalzustand sein, dann reguliert dein Körper nicht mehr ausreichend.

Warum dein Gehirn abends „offline“ geht

Dein Gehirn hat nur eine begrenzte Menge an Kapazität.

Und wenn du den ganzen Tag über funktioniert, geregelt, geplant, organisiert und kontrolliert hast, geht ein Großteil dieser Kapazität allein für das Durchhalten drauf. Am Abend, wenn der äußere Druck nachlässt, ist schlicht keine Energie mehr übrig für soziale Interaktion, Zärtlichkeit oder inspirierende Gespräche. Selbst der Gedanke an Kreativität kann sich anfühlen wie ein zu hoher Berg.

Dieser Rückzug in dich selbst ist ein Schutzraum, in dem dein System versucht, aus dem ständigen „Mehr, mehr, mehr“ auszusteigen, ein biologisch nachvollziehbarer und notwendiger Prozess.

Hypoarousal: Der abendliche Shutdown

Dieser Zustand wird im Nervensystem Hypoarousal genannt, eine Art gedämpfter Modus, kein Zusammenbruch, aber ein inneres Abdunkeln. Du bist weder richtig präsent noch wirklich ansprechbar, sondern eher wie hinter einer Glasscheibe. „Bitte nicht noch mehr“. Ein Rückzug, der tief in alten Überlebensstrategien verankert ist.

Der Körper dämpft dein Erleben, um dich vor Überlastung zu schützen. Aber gleichzeitig nimmt dir genau das den Zugang zu den Dingen, die dir eigentlich helfen würden, wieder Kraft zu schöpfen.

Warum sich gute Dinge am Abend zu schwer anfühlen

All das erklärt, warum sich die eigentlich wohltuenden Aktivitäten am Abend so unendlich schwer anfühlen. Ein Spaziergang, etwas Sport, ein nettes Telefonat oder ein kleines kreatives Projekt wirken wie Überforderung. Dein Nervensystem will keine weiteren Anforderungen. Der Tag sitzt dir in den Knochen, und dein inneres System ist damit beschäftigt, die Überreizung abzubauen. Es fühlt sich so an, als ist schlicht kein Raum mehr für zusätzliche Aktivität.

Der eine Schritt, der wirklich hilft

Der sanfteste und wirkungsvollste Weg aus diesem Zustand ist überraschend einfach: nicht noch etwas draufpacken, sondern etwas weglassen. Wenn du abends bewusst entscheidest, den Input zu reduzieren weniger Bildschirm, weniger Erwartungen, weniger Selbstkritik , beginnt dein Cortisolspiegel zu sinken. Dein parasympathisches System, zuständig für Erholung, bekommt endlich wieder Zugriff. Denn auch die geliebte Serie, das Scrollen oder die endlose Gedankenschleife ist eine erneute Reizsetzung, auf die dein System reagieren muss.

Weniger bedeutet, dass dein Nervensystem wieder „mehr Weite“ bekommen und dein Inneres langsam aus dem Nebel auftauchen kann. Erst wenn dieser Raum entsteht, kann dein Körper wieder Dopamin ausschütten, das dir Motivation schenkt. Serotonin, das dich stabilisiert. Oxytocin, das dir Verbundenheit ermöglicht. Diese Stoffe kehren nicht zurück, wenn du dich anstrengst sie kommen, wenn du aufhörst, gegen dich zu arbeiten. Wenn die Verbindung zu dir selbst wieder stattfinden kann.

Warum „eine Sache weglassen“ so viel verändern kann

Vielleicht ist es genau diese eine kleine Entscheidung, die den Unterschied macht: nicht zu scrollen. Nicht noch schnell Mails zu checken. Nicht mit dir selbst hart ins Gericht zu gehen. Nicht weiter das Gefühl zu füttern, du müsstest noch irgendetwas leisten.

Sobald du deinem System signalisierst, dass die Bedrohungslage vorbei ist, beginnt dein Körper sich zu öffnen. Diese innere Tür, die tagsüber verschlossen war, geht ein Stück auf. Und es öffnet sich ein Raum für dich, für Ruhe, für Kontakt und für die Dinge, für die du gerade noch keine Kraft hattest.

Was du abends wirklich fragen kannst

Es ist nicht die Frage, was du noch tun solltest, sondern welche eine Sache du weglassen darfst. Oft entsteht genau dadurch das bisschen Energie, das tagsüber nicht da war. Weniger tun ist ein guter erster Schritt in Richtung Regulation, in Richtung wohl fühlen.

Abrissbirne?

Ich habe die Tendenz zu drastischen Maßnahmen…(Mal etwas persönliches)

Ich habe in meinem Leben einmal eine Entscheidung getroffen, die viele als radikal bezeichnen würden. Andere als mutig und manch einer als bescheuert…

How ever!

Ich habe mich minimiert. Wirklich minimiert. Nicht ein bisschen aufgeräumt oder ein paar Dinge aussortiert, sondern richtig Platz geschaffen. Wohnung vermietet. Praxis geschlossen. Beziehungen losgelassen, die mich mehr gekostet als genährt haben. Ich habe alles, was mich gehalten hat, einmal bewusst aus der Hand gelegt und bin in den Camper gezogen und nach Süden gefahren. Weil ich gespürt habe, dass ich Raum brauche. Raum zum Atmen. Raum zum Fühlen. Raum, um mich neu zu erfahren.

Ich bin so. Für mich war diese Abrissbirne ehrlich und notwendig. Ich funktioniere so: Wenn ich spüre, dass ich mich selbst verliere, mache ich Platz. Viel Platz. Ich gehe dorthin, wo ich mich wieder hören kann. Und ich habe mir meinen Traum erfüllt, lange zu reisen und zu leben, statt nur zu funktionieren.

Aber genau das ist wichtig: Nicht jeder Mensch braucht so eine Abrissbirne. Nicht jeder muss sein Leben leer fegen. Nicht jeder kann oder will so radikal loslassen. Und das ist gut so. Die Frage ist nicht: „Würdest du das auch tun?“

Die Frage ist: Was passt zu dir? Was braucht in deinem Leben Raum? Spürst du das überhaupt noch?

Denn das ist die eigentliche Gefahr im Alltag: Wenn du so sehr im Funktionieren bist, dass du deine eigenen Signale nicht mehr wahrnimmst. Wenn du von Aufgabe zu Aufgabe läufst, von Verantwortung zu Verantwortung, und dabei nicht einmal merkst, dass du dich selbst längst überholt hast. Wenn du so lange auf Autopilot bist, dass du das Gefühl von Lebendigkeit kaum noch erkennst. Neurobiologisch passiert dabei immer das Gleiche. Wenn wir über längere Zeit im Funktionsmodus leben, schaltet das Gehirn auf Effizienz. Es dämpft Empfindungen, reduziert Kreativität, schränkt Intuition ein. Das Nervensystem priorisiert Überleben statt Erleben. Cortisol bleibt hoch, die tieferen Körperempfindungen, die uns sagen, was wir brauchen, wer wir sind, was uns ruft werden leiser. So leise, dass wir irgendwann glauben, sie seien weg.

Und genau da beginnt die echte Arbeit: Nicht unbedingt in einer radikalen Neuordnung des Lebens, sondern im Wiederherstellen der Verbindung zu dir selbst. Dann kannst du überhaupt erst spüren, was DU brauchst. Vielleicht ist es das große Abenteuer. Vielleicht ist es eine kleine Veränderung. Vielleicht ist es ein klarer Satz, ein offenes Gespräch, eine Mini-Pause am Tag, die wirklich dir gehört. Der Punkt ist: Du kannst nur mutig entscheiden, wenn du dich spürst. Und du kannst dich nur spüren, wenn dein Nervensystem wieder Raum hat.

Du brauchst keine Abrissbirne, für mehr Lebendigkeit. Mach jeden Tag einen Moment frei von Reizen, bevor du etwas Neues tust. Kein Handy. Kein Input. Keine Aufgabe. Nur ein Moment, in dem du dich kurz fragst: „Wie fühlt sich mein Körper gerade an? Was zieht mich? Was lässt mich enger werden?“ Dieser kleine Raum, den du dir schenkst, holt dein Nervensystem aus dem Dauerfunktionieren. Er senkt das Stressniveau gerade genug, dass Intuition und innere Wahrheit wieder durchkommen können, als leiser Impuls.

Als ich inne gehalten habe, als ich leise wurde, da ist in mir ein alter Traum, der Traum des Leben am Strand wieder laut geworden und ich bin bin ihm gefolgt. Mein Weg zum erreichen dieses Traumes war radikal, weil es zu mir passt. Doch was passt zu dir, zu deinem leisen Sehnen?

Lebendig fühlen beginnt nicht mit großen Reisen, nicht mit großen Entscheidungen und nicht mit einem kompletten Neuentwurf deines Lebens. Es beginnt in dem Moment, in dem du dich wieder wahrnimmst. Und dann leise fragst: „Was bräuchte ich, um wieder mehr ich zu sein?“

Die Antwort ist schon da. Du brauchst nur genug Raum, um sie zu hören.

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